Anzeige wegen sexueller Belästigung im Internet: Strafmaß und rechtliche Folgen

Inhalt
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Das Wichtigste im Übrblick

  • Sexuelle Belästigung im Internet kann verschiedene Straftatbestände erfüllen – von Beleidigung bis hin zu schwerwiegenden Sexualdelikten mit Freiheitsstrafen bis zu mehreren Jahren
  • Das Strafmaß hängt von der konkreten Tathandlung ab – einfache anzügliche Nachrichten werden anders bewertet als das Versenden unerwünschter Intimbilder oder Drohungen mit sexuellem Bezug
  • Betroffene haben umfangreiche Rechte – neben dem Strafverfahren bestehen oft auch zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld

Sexuelle Belästigung im digitalen Raum

Die Digitalisierung unseres Alltags hat leider auch neue Formen der sexuellen Belästigung hervorgebracht. Was früher auf den analogen Raum beschränkt war, findet heute vermehrt in sozialen Netzwerken, Messenger-Diensten, Dating-Apps und anderen digitalen Plattformen statt. Betroffene stellen sich oft die Frage, welche strafrechtlichen Konsequenzen solches Verhalten haben kann und wie sie sich rechtlich zur Wehr setzen können.

Das deutsche Strafrecht hat in den vergangenen Jahren bedeutende Reformen erfahren, um den neuen digitalen Realitäten gerecht zu werden. Dabei wurden sowohl bestehende Straftatbestände erweitert als auch neue geschaffen, die speziell auf die Besonderheiten der digitalen Kommunikation zugeschnitten sind.

Rechtliche Grundlagen der sexuellen Belästigung im Internet

Relevante Straftatbestände

Das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) kennt verschiedene Tatbestände, die bei sexueller Belästigung im Internet relevant werden können. Diese reichen von vergleichsweise geringfügigen Verstößen bis hin zu schwerwiegenden Sexualstraftaten.

Beleidigung (§ 185 StGB) bildet oft den Grundtatbestand für anzügliche oder sexuell konnotierte Äußerungen im digitalen Raum. Der Tatbestand erfasst ehrverletzende Werturteile, wozu auch sexuell herabwürdigende Kommentare gehören können. Die Strafe reicht von einer Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe.

Üble Nachrede und Verleumdung (§§ 186, 187 StGB) kommen in Betracht, wenn unwahre Tatsachen mit sexuellem Bezug über eine Person verbreitet werden. Hier drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren.

Nachstellung (§ 238 StGB), umgangssprachlich als Stalking bezeichnet, erfasst das beharrliche Belästigen einer Person durch verschiedene Handlungen, einschließlich der Kontaktaufnahme über elektronische Kommunikationsmittel. Das Strafmaß liegt zwischen Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

Spezielle Tatbestände für digitale sexuelle Belästigung

Mit der Reform des Sexualstrafrechts wurden spezielle Tatbestände geschaffen, die auf die digitalen Besonderheiten zugeschnitten sind.

Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen (§ 184k StGB) bestraft das unbefugte Aufnehmen, Übertragen oder Zugänglichmachen von Bildern des Intimbereichs einer anderen Person. Dieser Tatbestand ist besonders relevant für sogenannte „Dick Pics“ oder andere unerwünschte Intimbilder. Die Strafe kann bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe betragen.

Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch unbefugtes Zugänglichmachen von Bildaufnahmen (§ 201a Abs. 4 StGB) erfasst das Zugänglichmachen von Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden. Hierunter fällt auch das sogenannte „Revenge Porn“.

Hauptaspekte der strafrechtlichen Bewertung

Tatbestandsmäßigkeit im digitalen Raum

Die Besonderheit der digitalen Kommunikation liegt in ihrer Reichweite und Dauerhaftigkeit. Was einmal im Internet veröffentlicht wurde, kann oft nicht mehr vollständig gelöscht werden und erreicht potenziell eine unbegrenzte Anzahl von Personen. Diese Charakteristika werden bei der strafrechtlichen Bewertung berücksichtigt.

Entscheidend für die rechtliche Einordnung ist zunächst die konkrete Handlung. Bereits das einmalige Versenden einer sexuell expliziten Nachricht oder eines unerwünschten Intimbildes kann strafbar sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Täter und das Opfer sich persönlich kennen oder ob die Belästigung zwischen völlig Fremden stattfindet.

Besonderheiten bei minderjährigen Betroffenen

Wenn sich sexuelle Belästigung im Internet gegen Minderjährige richtet, kommen weitere, schwerwiegendere Straftatbestände in Betracht. Das Strafgesetzbuch sieht für Sexualstraftaten gegen Kinder und Jugendliche deutlich höhere Strafrahmen vor.

Sexueller Missbrauch von Kindern (§§ 176, 176a, 176b StGB) kann auch bei rein digitalen Handlungen erfüllt sein, wenn sexuelle Handlungen vor einem Kind über Videoübertragung vorgenommen werden oder das Kind zu sexuellen Handlungen vor der Kamera veranlasst wird. Die Strafrahmen beginnen hier bei sechs Monaten Freiheitsstrafe und können in schweren Fällen bis zu 15 Jahre betragen.

Die Einleitung sexueller Gespräche mit Kindern („Cybergrooming“) ist ebenfalls strafbar und wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Grenzüberschreitende Aspekte

Sexuelle Belästigung im Internet macht nicht an Landesgrenzen halt. Wenn Täter und Opfer sich in verschiedenen Ländern befinden oder internationale Plattformen genutzt werden, entstehen komplexe rechtliche Fragen. Das deutsche Strafrecht ist grundsätzlich anwendbar, wenn die Tat in Deutschland begangen wurde oder sich gegen eine Person in Deutschland richtet.

Die praktische Strafverfolgung kann sich jedoch als schwierig erweisen, wenn der Täter sich im Ausland befindet. Hier sind internationale Rechtshilfeersuchen notwendig, die Zeit und Ressourcen erfordern.

Typische Fallkonstellationen und Lösungsansätze

Unerwünschte Intimbilder („Dick Pics“)

Eine der häufigsten Formen sexueller Belästigung im Internet ist das unverlangte Zusenden von Intimbildern, insbesondere von Genitalien. Diese Handlung erfüllt regelmäßig den Tatbestand der Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen.

Lösungsansatz: Betroffene sollten solche Bilder nicht löschen, sondern als Beweismittel sichern. Screenshots mit sichtbarem Absender und Zeitstempel sind für eine spätere Strafverfolgung essentiell. Eine sofortige Anzeige bei der Polizei ist ratsam, auch wenn der Täter zunächst unbekannt ist.

Sexuell belästigende Nachrichten und Kommentare

Anzügliche oder explizit sexuelle Nachrichten, die ohne Einverständnis versendet werden, können je nach Inhalt und Kontext verschiedene Straftatbestände erfüllen. Häufig kommt eine Beleidigung in Betracht, bei wiederholtem Verhalten auch Nachstellung.

Lösungsansatz: Die Dokumentation aller Nachrichten ist entscheidend. Betroffene sollten den Täter eindeutig auffordern, die Kontaktversuche zu unterlassen. Diese Aufforderung sollte dokumentiert werden, da sie für den Tatbestand der Nachstellung relevant ist.

Sexuelle Nötigung und Erpressung im digitalen Raum

Besonders schwerwiegend sind Fälle, in denen Täter versuchen, ihre Opfer zu sexuellen Handlungen zu nötigen oder mit der Veröffentlichung von Bildmaterial zu erpressen. Solche Handlungen können die Tatbestände der sexuellen Nötigung, Erpressung oder des sexuellen Missbrauchs erfüllen.

Lösungsansatz: In diesen Fällen ist sofortige professionelle Hilfe erforderlich. Betroffene sollten nicht auf Forderungen eingehen und umgehend sowohl die Polizei als auch einen erfahrenen Strafverteidiger kontaktieren.

Praktische Tipps für Betroffene

Sofortmaßnahmen nach sexueller Belästigung

Beweise sichern: Screenshots aller relevanten Kommunikation anfertigen, dabei auf vollständige Darstellung von Absender, Zeitpunkt und Nachrichteninhalt achten. Auch Profilinformationen des Täters sollten dokumentiert werden.

Blockieren des Täters: Nach der Beweissicherung sollte der Täter auf allen Plattformen blockiert werden, um weitere Belästigungen zu verhindern.

Meldung an Plattformbetreiber: Die meisten sozialen Netzwerke und Kommunikationsdienste haben eigene Meldemechanismen für sexuelle Belästigung. Eine Meldung kann zur Sperrung des Täter-Accounts führen.

Rechtliche Schritte einleiten

Strafanzeige erstatten: Eine Anzeige bei der örtlichen Polizei oder Staatsanwaltschaft kann auch online oder schriftlich erfolgen. Eine persönliche Vorsprache ist nicht zwingend erforderlich.

Rechtliche Beratung einholen: Gerade bei komplexeren Fällen oder wenn erhebliche Folgeschäden entstanden sind, ist die Beratung durch einen im Strafrecht erfahrenen Anwalt sinnvoll.

Ich unterstütze Betroffene von sexueller Belästigung im Internet dabei, ihre Rechte durchzusetzen und die rechtlichen Möglichkeiten optimal zu nutzen. Durch meine langjährige Erfahrung im Sexualstrafrecht kann ich sowohl bei der Strafverfolgung als auch bei zivilrechtlichen Ansprüchen kompetent beraten.

Häufig gestellte Fragen

Ist das Versenden von unerwünschten Intimbildern strafbar?

Ja, das unverlangte Zusenden von Intimbildern erfüllt den Tatbestand der Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen nach § 184k StGB und kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft werden.

Ja, eine Strafanzeige ist auch bei unbekannten Tätern möglich und sinnvoll. Die Polizei verfügt über verschiedene Ermittlungsmethoden zur Identifizierung von Internet-Tätern.

Screenshots der belästigenden Nachrichten oder Bilder mit sichtbarem Absender und Zeitstempel sind essentiell. Auch Profilinformationen des Täters sollten dokumentiert werden.

Ja, neben dem Strafverfahren bestehen bei schwerwiegenden Verletzungen oft zivilrechtliche Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Die Höhe richtet sich nach der Schwere der Verletzung und den Umständen des Einzelfalls. Für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche kann ich Sie gerne an erfahrene Kollegen aus dem Zivilrecht weiterleiten.

Beleidigung (§ 185 StGB) ist ein konkreter Straftatbestand, der ehrverletzende Werturteile erfasst – also Äußerungen, die darauf abzielen, eine Person in ihrer Ehre herabzusetzen. Sexuelle Belästigung hingegen ist ein Sammelbegriff für unerwünschte Verhaltensweisen mit sexuellem Bezug.

Die Dauer variiert stark je nach Komplexität des Falls. Einfache Fälle können binnen weniger Monate abgeschlossen werden, komplexere Verfahren können sich über Jahre hinziehen.

Ja, auch private Nachrichten können strafbar sein, wenn sie sexuell belästigenden Inhalt haben. Der private Charakter der Kommunikation schützt nicht vor Strafverfolgung.

Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren sind bedingt strafmündig. Bei ihnen gelten die Bestimmungen des Jugendstrafrechts mit anderen Sanktionsmöglichkeiten.

Neben strafrechtlichen Maßnahmen können zivilrechtliche Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden. Auch einstweilige Verfügungen sind möglich.