Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen – § 174a StGB

Inhalt

Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen

Der § 174a StGB verfolgt das Ziel, schutzbedürftige Personen wie Gefangene, behördlich Verwahrte, Kranke und Hilfsbedürftige vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Was dies konkret bedeutet, welche Strafen drohen können und welche Maßnahmen Sie ergreifen sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.

 

Was versteht man unter „sexuellem Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Pflegebedürftigen“?

Ein solcher Missbrauch liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis ausnutzt, um das Opfer sexuell zu missbrauchen.

 

Wann ist der sexuelle Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen strafbar?

Der sexuelle Missbrauch kann nur an bestimmten Personen begangen werden. Dazu gehören unter anderem Gefangene, behördlich Verwahrte sowie Kranke und Hilfsbedürftige, die in einer öffentlichen oder privaten Einrichtung leben.

Gefangene sind Personen, die sich aufgrund eines Hoheitsaktes in amtlichem Gewahrsam befinden. Im Gegensatz dazu ist behördlich Verwahrter, wer sich in hoheitlichem Gewahrsam befindet, ohne Gefangener zu sein.

Gefangener ist also grundsätzlich jeder, der eine Freiheitsstrafe verbüßt. Behördlich Verwahrte sind insbesondere Sicherungsverwahrte.

Der Begriff der Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen umfasst unter anderem Patienten – stationär oder ambulant – in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Rehabilitationszentren oder Heimen für Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung.

Zwischen Täter und Opfer muss zudem ein besonderes Aufsichtsverhältnis bestehen. Dieses ergibt sich aus einer untergeordneten Stellung des Opfers und einer entsprechenden übergeordneten Stellung des Täters. Dies können Anstaltsleiter, Sozialarbeiter, Ausbilder, Ärzte, Krankenschwestern, Wach- und Sicherheitspersonal sein. Es genügt, wenn der Täter im Rahmen des Aufsichtsverhältnisses eine Gelegenheit ausnutzt.

Der Täter muss das Opfer unter Ausnutzung des besonderen Aufsichtsverhältnisses sexuell missbraucht haben. Er muss gerade die besondere Lage, in der sich das Opfer befindet, zu seinem Vorteil ausnutzen.

Der Tatbestand erfasst nur sexuelle Handlungen mit Körperkontakt. Darunter sind körperliche Berührungen – sei es Geschlechtsverkehr, Küssen oder sexuell motivierte Berührungen der Geschlechtsorgane – zu verstehen. Der Täter muss dabei die Handlung an dem Opfer selbst vornehmen, von dem Opfer an sich vornehmen lassen oder das Opfer dazu bestimmen, sexuelle Handlungen an oder von einem Dritten vorzunehmen oder zu dulden. Er nutzt dabei seine Stellung aus, wenn er zumindest eine sich aus dem Verhältnis ergebende Gelegenheit ausnutzt.

Erfasst sind insbesondere die Fälle, in denen ein Wärter in einer Justizvollzugsanstalt gerade seine Stellung ausnutzt, um sexuelle Handlungen an einer Gefangenen oder einem Gefangenen vorzunehmen, etwa um Hafterleichterungen oder eine Strafmilderung in Aussicht zu stellen.

 

Muss der Täter vorsätzlich handeln?

Der Täter muss den sexuellen Missbrauch vorsätzlich begangen haben. Er muss ihn also mit Wissen und Wollen begangen haben. Dabei genügt es, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

 

Wie wird der sexuelle Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Pflegebedürftigen nach § 174a StGB bestraft?

Der sexuelle Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Pflegebedürftigen nach § 174a StGB wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Eine Geldstrafe ist nicht möglich.

 

Wie kann ein Strafverteidiger helfen?

Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Pflegebedürftigen ist ein schwerwiegender Vorwurf. Nicht nur wegen der hohen Strafen im Falle einer Verurteilung, sondern auch wegen der gesellschaftlichen Vorverurteilung, die bereits während der Ermittlungen stattfindet. Der bloße Vorwurf zieht oft schwerwiegende berufliche Konsequenzen nach sich. Freunde und Familie distanzieren sich trotz der Unschuldsvermutung häufig vom Beschuldigten. Selbst bei einem Freispruch bleiben oft negative Folgen. Deshalb ist es wichtig, alles zu tun, um eine Anklage zu vermeiden.

Bei Delikten des Sexualstrafrechts ist nicht nur juristisches Fachwissen gefragt, sondern auch ein besonderes Einfühlungsvermögen, um Sie bestmöglich zu verteidigen. Es kommt darauf an, die richtigen Fragen zu stellen und die besonderen Umstände der Tat zu berücksichtigen, um eine Strategie zu entwickeln, die auf Erfolg ausgerichtet und in Ihrem Interesse ist.

Wenn Sie mit einem derart schwerwiegenden Vorwurf konfrontiert werden, sollten Sie sich umgehend an einen auf Sexualstrafrecht spezialisierten Strafverteidiger wenden. Auf keinen Fall sollten Sie ohne vorherige anwaltliche Beratung Angaben zu den Vorwürfen machen, auch wenn Sie glauben, die Vorwürfe dadurch entkräften zu können. Machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch und sprechen Sie sofort mit einem Anwalt.