Führerscheinentzug wegen Alkohol – Was tun? Umfassender Ratgeber

Inhalt
führerschein entzogen wegen alkohol was tun

Das Wichtigste im Überblick

  • Die Sperrfrist nach gerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis beträgt mindestens 6 Monate und höchstens 5 Jahre (§ 69a StGB). Im Verwaltungsverfahren ist die Entziehung bis zur erneuten Erteilung der Fahrerlaubnis wirksam; auch hier wird in der Regel eine Sperrfrist festgelegt.
  • Neben der Entziehung drohen oft hohe Geldstrafen, Punkte in Flensburg und bei schweren Fällen auch Freiheitsstrafen.
  • Eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) wird regelmäßig ab 1,6 Promille oder bei wiederholten Alkoholverstößen angeordnet, kann jedoch bei relevanten Eignungszweifeln bereits ab niedrigeren Werten erfolgen (§ 13 FeV).

Wenn der Führerschein wegen Alkohol weg ist

Der Führerscheinentzug wegen Alkohol am Steuer gehört zu den häufigsten verkehrsrechtlichen Sanktionen in Deutschland. Für die Betroffenen bedeutet dies oft massive Einschränkungen im beruflichen und privaten Leben. Die Unsicherheit über das weitere Vorgehen und die Angst vor den langfristigen Konsequenzen belasten zusätzlich.

Die gute Nachricht: Ein Führerscheinentzug ist nicht das Ende der Welt. Mit der richtigen Strategie und professioneller Unterstützung können Sie Ihre Fahrerlaubnis zurückerlangen. Entscheidend ist, dass Sie schnell und gezielt handeln, um Ihre Chancen zu maximieren.

Rechtliche Grundlagen: Wann wird der Führerschein entzogen?

Die rechtlichen Grundlagen für den Führerscheinentzug wegen Alkohol finden sich im Straßenverkehrsgesetz (StVG), im Strafgesetzbuch (StGB) sowie in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Bereits ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille liegt gemäß § 24a StVG eine Ordnungswidrigkeit vor, die neben Bußgeld und Fahrverbot nur in besonderen Fällen zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen kann. Ein Entzug der Fahrerlaubnis erfolgt in der Regel erst bei Straftaten ab 1,1 Promille gemäß § 316 StGB beziehungsweise bei Vorliegen alkoholbedingter Ausfallerscheinungen, oder bei wiederholten Verstößen oder besonderen Umständen, die die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen.

Das Gesetz unterscheidet zwischen der Ordnungswidrigkeit ab 0,5 Promille und der Straftat ab 1,1 Promille (absolute Fahruntüchtigkeit nach § 316 StGB). Bereits ab ca. 0,3 Promille mit Ausfallerscheinungen kann eine relative Fahruntüchtigkeit vorliegen. Die Schwelle von 1,6 Promille ist entscheidend für die verpflichtende Anordnung einer MPU bei der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.

Zusätzlich zum Promillewert spielt das Fahrverhalten eine entscheidende Rolle: Bereits bei geringeren Alkoholwerten kann eine Straftat vorliegen, wenn Ausfallerscheinungen oder ein Unfall hinzukommen. Besonders streng sind die Regelungen für Fahranfänger in der Probezeit und für Berufskraftfahrer.

Die verschiedenen Arten der Fahrerlaubnisentziehung

Sofortige Sicherstellung

Bei Verdacht auf Alkohol am Steuer und entsprechender Gefährdung kann die Polizei den Führerschein bereits vor Ort sicherstellen – insbesondere, wenn die Voraussetzungen für eine sofortige Gefahrenabwehr oder Beweissicherung vorliegen. Die Sicherstellung ist eine vorläufige Maßnahme und bedeutet noch nicht die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis. Sie dient dem Schutz der Verkehrssicherheit und verhindert die weitere Teilnahme am Straßenverkehr bis zur behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung.

Behördliche Entziehung

Die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgt durch die zuständige Führerscheinstelle. Diese prüft den Sachverhalt und entscheidet unter Berücksichtigung der individuellen Umstände. Die Entziehung ist bis zur Neuerteilung wirksam; die Sperrfrist ist hier ebenfalls individuell zu bestimmen.

Die Behörde kann auch eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) anordnen. Die Entziehungsdauer richtet sich nach der Schwere des Verstoßes und eventuellen Vorstrafen. Erstmalige Verstöße werden milder sanktioniert als Wiederholungstaten.

Gerichtliche Entziehung

Bei strafbaren Handlungen entscheidet das Gericht im Rahmen eines Strafverfahrens über die Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69, 69a StGB). Die Sperrfrist beträgt mindestens 6 Monate und höchstens 5 Jahre (§ 69a StGB), in besonders schweren Fällen kann auch eine lebenslange Sperrfrist verhängt werden. Die gerichtliche Entziehung kann mit weiteren Strafen wie Geld- oder Freiheitsstrafe verbunden sein. Die Sperrfrist beginnt erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens.

Sofortmaßnahmen nach dem Führerscheinentzug

1. Rechtsanwalt kontaktieren

Der erste Schritt nach einem Führerscheinentzug sollte die Kontaktaufnahme mit einem erfahrenen Rechtsanwalt sein. Ein erfahrener Anwalt kann bereits in der frühen Phase des Verfahrens wichtige Weichen stellen – sowohl für die Verteidigung gegen die strafrechtlichen Vorwürfe als auch für die verwaltungsrechtlichen Aspekte der Fahrerlaubnisentziehung.

2. Akteneinsicht beantragen

Die Einsichtnahme in die Verfahrensakten ist entscheidend für eine effektive Verteidigung. Nur so können die genauen Vorwürfe und Beweismittel bewertet werden. Ihr Anwalt kann Schwachstellen in der Beweisführung identifizieren und gezielt angehen.

3. Fristen beachten

Im Verkehrsstrafrecht gelten strenge Fristen, die unbedingt eingehalten werden müssen. Gegen Bußgeldbescheide kann nur innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt werden. Auch andere Verfahrensschritte sind zeitlich begrenzt und müssen sorgfältig überwacht werden.

Verteidigungsstrategien und Einspruchsmöglichkeiten

Anfechtung der Messung

Die Anfechtung der Alkoholmessung ist eine häufige Verteidigungsstrategie. Fehler bei der Blutentnahme, der Lagerung der Blutprobe oder der Auswertung können zur Unverwertbarkeit der Messergebnisse führen. Auch die Einhaltung der Wartezeit zwischen Atemalkoholtest und Blutentnahme kann im Einzelfall relevant sein.

Verfahrensfehler geltend machen

Verfahrensfehler wie Fehler bei der Belehrung, der Durchführung der Kontrolle oder der Dokumentation können zu einer Einstellung des Verfahrens oder zu einer Milderung der Sanktionen führen.

Strafmilderung erreichen

Unter bestimmten Umständen kann eine Sperrfrist auf Antrag des Betroffenen vom Gericht verkürzt werden (§ 69a Abs. 7 StGB), sofern ein besonderer Anlass vorliegt. Auch die Bemessung der Strafe hängt von den individuellen Umständen des Einzelfalls ab und unterliegt der richterlichen Entscheidung.

Die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)

Wann ist eine MPU erforderlich?

Eine MPU wird bei Blutalkoholwerten ab 1,6 Promille regelmäßig angeordnet. Sie kann jedoch bereits bei geringeren Promillewerten oder bei wiederholten Alkoholverstößen sowie bei erheblicher Alkoholproblematik oder sonstigen Zweifeln an der Fahreignung verpflichtet werden (§ 13 FeV).

Vorbereitung auf die MPU

Die Vorbereitung auf die MPU ist entscheidend für den Erfolg. Dazu gehören die medizinische wie auch die psychologische Vorbereitung und in der Regel der Nachweis von Alkoholabstinenz. Eine professionelle MPU-Beratung kann die Erfolgsaussichten erheblich verbessern.

Ablauf der MPU

Die MPU gliedert sich in medizinische Untersuchung, psychologisches Gespräch und einen Reaktions- sowie Leistungstest. Jeder Teil muss bestanden werden, um die Fahrerlaubnis zurückzuerhalten. Besonders das psychologische Gespräch – mit Fokus auf Einsicht und Verhaltensänderung – ist häufig entscheidend.

Praktische Tipps für Betroffene

Mobilität während der Sperrzeit

Während der Sperrzeit müssen alternative Transportmöglichkeiten genutzt werden. Für berufliche Fahrten kann in seltenen Ausnahmefällen eine besondere behördliche Regelung greifen, diese ist jedoch rechtlich nahezu ausgeschlossen (eine Ausnahmegenehmigung oder beschränkte Fahrerlaubnis während der Sperrfrist kann nach geltender Rechtslage grundsätzlich nicht mehr erteilt werden).

Dokumentation der Abstinenz

Wenn eine MPU erforderlich ist, sollten Sie frühzeitig mit der Dokumentation Ihrer Abstinenz beginnen. Dies kann durch regelmäßige Blut- oder Urintests erfolgen, durchgeführt von anerkannten Stellen. Die Abstinenznachweise müssen meist über 6 bis 12 Monate lückenlos geführt werden.

Professionelle Unterstützung

Neben anwaltlicher Vertretung kann auch psychologische Unterstützung sinnvoll sein. Suchtberatungsstellen oder spezialisierte Therapeuten können bei der Aufarbeitung von Alkoholproblemen helfen — sowohl für die MPU als auch für die Gerichtsverhandlung kann dies als positive Entwicklung gewertet werden.

Aktuelle Entwicklungen im Verkehrsstrafrecht

Verschärfung der Sanktionen

In den letzten Jahren wurden die Sanktionen für Alkohol am Steuer kontinuierlich verschärft. Dies betrifft sowohl die Höhe der Bußgelder als auch die Dauer der Sperrfristen. Insbesondere Wiederholungstäter müssen mit härteren Strafen rechnen.

Neue Messtechnologien

Fortschritte in der Messtechnik führen zu genaueren Alkoholmessungen. Dies erschwert die Anfechtung von Messergebnissen, macht aber auch präzisere Verteidigungsstrategien notwendig.

Präventionsmaßnahmen

Parallel dazu werden verstärkt Präventionsmaßnahmen eingesetzt – darunter Alkohol-Interlock-Systeme, die das Starten des Fahrzeugs bei Alkoholkonsum verhindern.

Checkliste: Was tun nach dem Führerscheinentzug?

  • Sofort einen erfahrenen Rechtsanwalt kontaktieren
  • Alle Unterlagen und Dokumente sammeln
  • Fristen für Einsprüche und Rechtsmittel beachten
  • Frühzeitig mit der MPU-Vorbereitung beginnen (sofern erforderlich)
  • Abstinenznachweise führen lassen
  • Alternative Transportmöglichkeiten organisieren
  • Berufliche Auswirkungen mit dem Arbeitgeber besprechen
  • Finanzielle Belastungen kalkulieren
  • Versicherungsschutz prüfen und ggf. anpassen
  • Den Stand des Verfahrens regelmäßig mit dem Anwalt abklären

Fazit: Handeln Sie schnell und professionell

Ein Führerscheinentzug wegen Alkohol ist ein gravierendes Problem, aber kein Grund zur Panik. Mit der richtigen Strategie und professioneller Unterstützung können Sie Ihre Fahrerlaubnis zurückerlangen – entscheidend ist rasches Handeln. Lassen Sie sich frühzeitig beraten, analysieren Sie Ihren Fall, und nutzen Sie alle rechtlichen Möglichkeiten. Jeder Fall ist individuell zu betrachten; was bei anderen funktioniert hat, ist nicht zwingend auf Ihren Fall übertragbar.

Häufig gestellte Fragen

Wie lange dauert ein Führerscheinentzug wegen Alkohol?

Die Sperrfrist beträgt mindestens 6 Monate und höchstens 5 Jahre (§ 69a StGB). Das genaue Maß legt das Gericht oder im Fall behördlicher Entziehung die zuständige Behörde individuell fest.
Gegen die Entziehung durch das Strafgericht ist das Rechtsmittel der Berufung oder Revision möglich. Gegen eine behördliche Entziehung kann Widerspruch und gegebenenfalls beim Verwaltungsgericht Anfechtungsklage erhoben werden. Ein erfahrener Anwalt bewertet Ihre Aussichten und übernimmt die notwendigen Schritte.
Bei Blutalkoholwerten ab 1,6 Promille wird regelmäßig, bei geringeren Werten oder wiederholten Alkoholverstößen sowie bei besonderen Eignungszweifeln dagegen individuell eine MPU nach § 13 FeV angeordnet.
Eine gründliche Vorbereitung, insbesondere Alkoholabstinenz und entsprechende Nachweise, sind entscheidend. Professionelle MPU-Beratung wird empfohlen. Die Vorbereitungsdauer beträgt meist mehrere Monate.
Neben Geldstrafen können Kosten für Anwalt, MPU, Abstinenznachweise und Neuerteilung der Fahrerlaubnis entstehen. Insgesamt können schnell mehrere tausend Euro zusammenkommen.
Das Fahrradfahren ist während eines Fahrverbots grundsätzlich erlaubt, es sei denn, es wurde im Einzelfall ausdrücklich verboten. Bei gerichtlicher Feststellung einer generellen Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen oder bei behördlicher Anordnung kann auch das Radfahren untersagt werden, etwa bei besonders schweren Alkoholauffälligkeiten.
Nein, Sie müssen die Neuerteilung beantragen und im Regelfall alle erforderlichen Voraussetzungen (ggf. MPU, Abstinenznachweise) erfüllen.
Während einer laufenden Sperrfrist ist es rechtlich grundsätzlich nicht möglich, eine Ausnahmegenehmigung oder beschränkte Fahrerlaubnis zu erhalten. Zulässige Ausnahmen bestehen praktisch nicht mehr.
Bei einem Unfall drohen schwere Strafen sowie erhebliche Schadensersatzforderungen und Probleme mit der Versicherung.
Von der Kontrolle bis zur Neuerteilung vergehen in der Praxis meist 1–3 Jahre, abhängig von Komplexität und MPU-Erfordernis.